Kurz gefasst: Begründung für die Nicht-Entlastung der Bürgermeisterin

Warum hat der Rat der Bürgermeisterin Nicole Moenikes die Entlastung für die Haushaltsjahre 2014 und 2015 nicht erteilt? Die ausführliche Begründung aus der Ratssitzung im Juli 2018 gibt hier:

ausführliche Begründung der Nicht-Entlastung der Bürgermeisterin der Stadt Waltrop

Wir haben aber auch versucht, das Fehlverhalten der Bürgermeisterin, das der Grund für die Nicht-Entlastung ist, hier noch einmal kurz zusammen zu fassen:

I. Dienstvergehen bei der Ausgestaltung und Durchführung des Beratervertrages

Der Beratervertrag wurde mit Herrn Dr.Gellert (Leiter des V+E) abgeschlossen. Bei dem Beratervertrag handelt es sich um eine unterstützende Aufgabe. (Beratung, Organisation und Begleitung von Prozessabläufen). Der Vertragswert lag bei 49.980,00€. Dr. Gellert wird durch den Vertrag nicht verpflichtet, eine Leistung zu erbringen bzw. regelmäßig oder zum Abschluss seiner Beratung Bericht zu erstatten. In der Konsequenz hätte er die monatliche Vergütung auch ohne eine entsprechende Leistung erhalten können.

Dienstvergehen allgemein

Nach § 47 Absatz 1 BeamtStG begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Gemäß § 34 Satz 1 und Satz 2 BeamtStG hat sich der Beamte mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen und die ihm übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Eine fehlerhafte Arbeitsweise ist allein noch nicht ein Dienstvergehen und ein einfacher formaler Fehler, der jedem einmal passieren kann, ist hiervon abzugrenzen. Es sind in der Arbeitsweise der Bürgermeisterin, die zu dem Vertrag mit Dr. Gellert geführt haben, sehr gewichtige Mängel und Verstöße festzustellen, die nicht auf bloßes Unvermögen zurückzuführen sind.

Verstoß gegen §10 Hauptsatzung der Stadt Waltrop

Verträge der Stadt mit Mitgliedern des Rates oder der Ausschüssen sowie mit dem/der Bürgermeister/in und den leitenden Dienstkräften der Stadt bedürfen der Genehmigung des Rates.

Als Chefin des Verwaltungsrates des V+E war ihr Dr. Gellert als leitende Dienstkraft direkt unterstellt.

Verstoß gegen § 11 der Hauptsatzung der Stadt Waltrop

Die Bürgermeisterin darf Aufträge erteilen, wenn dadurch die Stadt Waltrop nicht über einen Betrag von 50.000,00 € hinaus verpflichtet wird, wobei die Aufträge nicht unterteilt werden dürfen und sich im Rahmen der Haushaltsansätze halten müssen.

Diese Mittel waren nicht in den Haushalt eingestellt.

Weiterer Verstoß gegen § 11 der Hauptsatzung der Stadt Waltrop

Die Bürgermeisterin darf über- und außerplanmäßiger Aufwendungen und Auszahlungen bis zu einer Summe von 100.000,00 € genehmigen.

Dies waren keine außerplanmäßigen Aufwendungen gemäß der Gemeindeordnung NRW und diese Mittel wurden dem Kämmer nicht vor Abschluss des Vertrages bekannt gegeben.

Verstoß gegen §83 Abs. 1 GO NRW

Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen sind nur zulässig, wenn sie unabweisbar sind. Die Deckung muss jeweils im laufenden Haushaltsjahr gewährleistet sein. Im Kommentar: Die sachliche Unabweisbarkeit setzt voraus, dass die Sache unbedingt notwendig sein muss. Die zeitliche Komponente setzt voraus, dass die Erledigung noch in diesem Haushaltsjahr erfolgen muss und eine Verschiebung unmöglich ist.

Sowohl die sachliche als auch die zeitliche Unabweisbarkeit liegt bei dem Vertrag nicht vor und der Kämmerer hat über die Leistung nicht entschieden.

Verstoß gegen §83 Abs.2 GO NRW

Sind die überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen erheblich, bedürfen sie der vorherigen Zustimmung des Rates; im Übrigen sind sie dem Rat zur Kenntnis zu bringen. § 81 Abs. 2 bleibt unberührt.

Die außerplanmäßigen Aufwendungen wurden weder vom Rat genehmigt noch sind sie dem Rat zur Kenntnis gegeben worden.

Verstoß gegen die Wahrheitspflicht

Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst unterliegen in Deutschland grundsätzlich der Wahrheitspflicht. Diese Dienstpflicht gilt nach der ständigen Rechtsprechung. Der Beamte muss in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit sagen.

Nach Bekanntwerden des Vertrages haben die Parteien SPD, Bündnis 90, Die Grünen, Waltroper Aufbruch und Die Linke einen Fragenkatalog verfasst. In der Beantwortung dieser Fragen hat die Bürgermeisterin mehrfach schriftlich die Unwahrheit gesagt.

Verstoß gegen Compliance- Regeln und Vorschriften

Regeln und Richtlinien gehören zum Kern einer funktionierenden Verwaltung. Die Einhaltung von Gesetz und Recht durch die Verwaltung und seine Mitarbeiter stellen sicher, dass die Verwaltung integer und seriös bleibt.

Verstoß gegen Vergaberechtsvorschriften

Einen fairen Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot bei der Vergabe des Beratervertrages hat es nicht gegeben.

Verstoß gegen das Strafgesetzbuch wegen Vorteilsgewährung

Die Gemeindeprüfungsanstalt stellte fest, dass laut Vertrag Leistungen bezahlt werden mussten auch wenn sie nicht erbracht wurden.

II. Zulagenzahlung an Dr. Gellert

Dr. Gellert hat in der Zeit von November 2014 bis Dezember 2015 aufgrund einer Anordnung der Bürgermeisterin eine monatliche Zulage in Höhe von 1.000€ erhalten.

Verdacht der Untreue lt. Strafgesetzbuch

Die Staatsanwaltschaft hat festgestellt, dass Dr. Gellert für das Jahr 2014 eine Tantieme in Höhe von 15.000 € ausgezahlt wurde. Diese Auszahlung erfolgte ohne Anrechnung der gezahlten Zulagen. (Einstellung des Verfahrens gegen Auflage)

Verstoß gegen die Wahrheitspflicht

Diese Zulage wurde von der Bürgermeisterin als Tantiemen Vorauszahlung angegeben obwohl es sich nachweislich der Gehaltsabrechnungen von Dr. Gellert um eine Zulage gehandelt hatte.

Verstoß gegen die Compliance Regeln

Die Zahlung der Zulage wurde eigenmächtig angeordnet.

Verstoß gegen das Tarifrecht

Eine Rechtsgrundlage für die Zahlung der Zulage lag nicht vor

Verstoß gegen die Informationspflicht

Dem Verwaltungsrat des AÖR wurden von der Verwaltungsratsvorsitzenden fast ein Jahr lang die Zahlung der Zulagen verschwiegen.